Nach 266 Fliegeralarmen, über 9000 Bomben und 142 Toten durch Luftangriffe auf die Stadt Amstetten begann wieder ein mühseliges Aufbauwerk. Amstetten lag größtenteils in Schutt und Asche, Menschen litten Hunger und Not. Ungeachtet der Entbehrungen und der Hindernisse durch die Besatzungsmacht gingen die vom Kriegseinsatz heimkehrenden Blasmusiker ans Werk und gründeten eine neue Musikkapelle. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges lebte aus der großen Anzahl der Musikkapellen vor dem Krieg nur die Arbeitermusikkapelle wieder auf. Die vormalige Eisenbahnerkapelle, die durch ihre großen musikalischen Erfolge österreichweit bekannt geworden war, blieb diesmal auf der Strecke. Die verbliebenen Musiker und Funktionäre der Eisenbahnermusik traten der Arbeitermusik bei und halfen hier, eine neue Blasmusikkapelle aufzubauen. Auch ehemalige Mitglieder der christlichen Gewerkschaftsmusik und der Freiheitsbundkapelle fanden hier ihr neues musikalisches Betätigungsfeld. 1945 wurde ein Antrag für die Gründung eines Musikvereines gestellt, dem schließlich 1946 durch Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Land Niederösterreich stattgegeben wurde: Der Verein „Arbeiter-Musikverein der Sozialistischen Partei Amstetten“ , der 1934 durch Verordnung die Vereinstätigkeit einstellen mußte, konnte seine Tätigkeit wieder aufnehmen. Unter den Obmännern Leopold Grießenberger und Franz Illa, und dem musikalischen Leiter Franz Brunner von der Eisenbahnerkapelle, erfolgte der Wiederaufbau der Amstettner Blasmusik.
Die Vereinigung, die sich eigentlich mehr von selbst zwischen den ehemaligen Eisenbahnermusikern, den Mitgliedern der Arbeiterkapelle und den Angehörigen der christlichen Gewerkschaftsmusik ergeben hatte, führte in den nächsten Jahren immer wieder zu Unstimmigkeiten und zu Zerwürfnissen innerhalb des einzig bestehenden Musikvereines in Amstetten. Man war sich auch über die Namensgebung des Vereins nicht einig. Die eine Seite wollte wieder eine „Eisenbahnerkapelle“, die andere eine „Arbeiterkapelle“. Leopold Griessenberger und Peter Golser (Bürgermeister von 1945 bis 1950) waren die treibenden Kräfte der Befürworter der „Arbeiterkapelle“, die sich auch durchsetzen konnten.
Aus dem Arbeitermusikverein entwickelte sich schließlich 1962 unter Obmann Kronsteiner der heutige „Musikverein der Stadt Amstetten“.
Ein äußeres Zeichen der Nachkriegszeit war auch die „Uniformierung“ der Musiker. Einige Aktive traten in Eisenbahneruniformen, andere wieder in Uniformen der ehemaligen Arbeitermusik und manche noch in Uniformen der christlichen Gewerkschaftsmusik auf. Lange Zeit konnte man sich nicht dazu entschließen, eine entsprechende Uniform anzuschaffen. Erst 1953 erhielten die Musiker der Arbeiterkapelle eine einheitliche dunkelblaue, hochgeschlossene Uniform. Die Blasmusiker traten mit ihr 10 Jahre lang auf. 1963 wurde sie dann unter Obmann Kronsteiner wieder von einer moderneren Uniform ersetzt.
Die Musiker selbst konnten in der Festwoche vom 01. bis 08.08.1948 bei der 50-Jahrfeier der Stadterhebung und der 80-Jahrfeier der FF. Amstetten der Bevölkerung ihre gänzlich wiedererlangte Stärke beweisen. Am großen Festzug beteiligten sich 8 Musikkapellen, auch Ehrenkapellmeister Franz Sautner (+30.10.1958 84-jährig) trat nochmals an die Öffentlichkeit. Er schrieb aus Anlass des 50. Jubiläumsjahres der Stadterhebung den Marsch „Hoch Amstetten“.
Bei der 6. Ordentlichen Jahresversammlung des „Arbeiter-Musikvereines der Sozialistischen Partei Amstettens“ 1951, kehrte L. Grießenberger wieder in die Funktion des Obmannes zurück. Mit ihm erschien nun ein neuer, engagierter und bewährter Mann auf der musikalischen Bildfläche, der 40jährige Sepp Ebner, der die musikalische Leitung der Kapelle übernahm. Er war es, der ab 1951 volle 25 Jahre hindurch der Blasmusik in Amstetten das Gepräge gab und durch seine Jugendmusikkapelle den Grundstock zur heutigen Blasmusikkapelle legte.
Sepp Ebner und der Blasmusik Amstetten gelang mit einem „großen Wunschkonzert„ 1955 ein Meisterwurf. Die erste Veranstaltung fand am 03.12.1955 im ehemaligen Stadtsaal – auch Ginnersaal genannt – unter der Devise „Für jeden etwas“ statt. Aus einem Programm bestehend aus 21 Stücken konnten die Konzertbesucher – verbunden mit einer Spende von öS 5,- – ihren Wunschtitel auswählen und Grüße vermitteln lassen, wofür ab dem 2. Wunschkonzert ein Conferencier engagiert wurde, der die Wünsche in Humor und gute Laune verpackte. Die Musik fungierte damals nur als Untermalung, es wurde an Tischen gegessen, getrunken und man unterhielt sich. Nach dem offiziellen Programm erfüllte die Kapelle noch zusätzliche Wünsche, wodurch sich ein solches Konzert einen ganzen Nachmittag hinziehen konnte.
Ab dem 3. Wunschkonzert bot der „Arbeitermusikverein“ ein vielfältigeres Programm. Neben der großen Blaskapelle spielten noch eine Bauern- und eine Jazzkapelle.
1960 wird das alljährliche Konzert das erste Mal als „Großes Weihnachtswunschkonzert“ bezeichnet. Als fixer Termin wurde ab 1959 der 8. Dezember gewählt.
Zum Höhepunkt des Jahres 1964 wurde schließlich das 10. Weihnachtswunschkonzert am 08.12. im großen Stadtsaal in Amstetten. Im dreiteiligen Programm setzte unter anderem Kapellmeister Sepp Ebner mit dem Blasorchester mit 41 Musikern dem Obmann ein musikalisches Denkmal, indem er ihm den „Kronsteiner-Marsch“ widmete. Fritz Rieglers Jazz-Orchester brachte unvergessliche Melodien, wie „Sternengold und Silbermond“, „ Schuld war nur der Bossa Nova“ oder „Tanze mit mir in den Morgen“, denen Leopold Zeiner (+24.10.1968 63-jährig) mit seinem Salon-Orchester klassische Werke gegenüberstellte. Der Wiener Conferencier Fritz Wellendorf führte durch das Programm.
Mit Stolz konnte am 08. Dezember 1984 der Musikverein der Stadt Amstetten auf das 30. Weihnachtswunschkonzert in ununterbrochener Reihenfolge verweisen. Das Weihnachtswunschkonzert ist nun zu einer fixen kulturellen Veranstaltung Amstettens, sondern auch zu einem ständigen Leistungsbeweis der „Aktiven“ und zu einer jährlichen Talenteprobe für den Blasmusiknachwuchs geworden.
Kapellmeister Josef Ebner
Josef Ebner, geboren am 24.08.1911, lernte zuerst Violine und später Trompete. Mit 15 Jahren spielte er bereits unter Sautner in der Eisenbahnerkapelle als Trompeter mit. Um 1930 finden wir ihn, nur 20jährig, als Musikleiter der „Deutschen Turnermusik Amstetten“. 1949 legte er die Kapellmeisterprüfung ab, übernahm die Leitung der Blechmusik von Stift Ardagger und wurde an der Musikschule Amstetten Lehrer für Blechblasinstrumente. Ebner besaß offensichtlich das nötige Rüstzeug, um die Amstettner Blasmusik wieder in die Höhe zu bringen. Er schaffte es auch und bestimmte rund ein Viertel Jahrhundert lang die Amstettner Blasmusikgeschichte. Die Blasmusikkapelle entwickelte sich unter Sepp Ebner zu einem anerkannten Ensemble. Er trat mit ihr nicht nur in Amstetten, sondern auch außerhalb der Bezirks- und Landesgrenzen bei verschiedenen Blasmusikveranstaltungen sehr erfolgreich auf.